Intelligenz und Verhalten. Meine ersten Erfahrungen als junger Mensch.

Ganz klar, es gibt Wegpunkte der Erkenntnis im Leben eines Menschen, die stets in Erinnerung bleiben.
Eine tiefgreifende Einsicht hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen Intelligenz und Verhalten ereilte mich, als ich etwa Anfang zwanzig war.
Ich war seinerzeit als Handwerker tätig, ein Ausbildungsberuf, den ich direkt nach meiner regulären Schulzeit erlernt hatte.
Aufgrund meines jungen Alters und der damit verbundenen fehlenden Erfahrung, hatte ich lediglich meine persönliche und autodidaktische Einschätzung oder Vorstellung dessen, wie es sich in der Welt der Menschen mit der Macht und der Position und der damit verbundenen Intelligenz verhält.
So war ich der einfachen aber logischen Annahme, dass sich je nach gesellschaftlicher, politischer oder beruflicher Position die Intelligenz der betreffenden Person äquivalent verhält. Je angesehener und gehobener die Position, desto intelligenter die Person.

Nun kann man diese Annahme natürlich noch präzisieren. Was bedeutet z.B. Intelligenz und wie misst man sie?
Aus meiner damaligen Sicht (in Grundzügen vertrete ich es heute immer noch) äußert sich Intelligenz durch intelligentes Verhalten.
Welches Verhalten ist intelligent? Es könnte sich um Verhalten handeln, das Rückschlüsse zulässt, dass die- oder derjenige objektiv betrachtet, soweit das irgend möglich ist, unter Berücksichtigung sämtlicher bekannten Informationen und Faktoren, die bestmögliche Entscheidung getroffen hat und zwar nicht nur für sich, sondern für die Mehrzahl der denkbaren Zusammenhänge und Faktoren.

Mein gedankliches Beispiel seinerzeit war schlicht aber einleuchtend: Welches Auto fahre ich?

Ich dachte, dass sich doch anhand eines simplen Vorganges wie die Wahl des Autos, bereits der Grad der Intelligenz abmessen ließe. Dementsprechend war ich davon ausgegangen, dass die Menschen mit einem gehobenen Grad an Intelligenz auch ein Auto besäßen, dass davon zeugt. Dies müsste man noch weiter präzisieren.

Aber ich denke, es ist sinnvoll, wenn ich meine Geschichte als solche an dieser Stelle weiter führe.
Ich war also Handwerker und für eine gewisse Zeit bei einem Kunden, einem mittelständischen Unternehmen, tätig. Dieses Unternehmen machte auf mich einen innovativen, modernen Eindruck. Alles war gut organisiert, sauber und wirkte korrekt. Es gab dort Parkplätze und natürlich, wie bei so vielen Unternehmen, reservierte Parkplätze für die Unternehmensleitung. Doch das wusste ich erst nicht. Dort standen immer sehr große Limousinen eines großen, bekannten deutschen Fahrzeugherstellers. Auf Nachfrage erklärte man mir, dass dies die Autos der Geschäftsführung seien.
Das verwunderte und erschütterte mich mit meiner o.g. Grundannahme. Wenn dies die Autos der ‚Chefetage‘ sind, wieso stehen dort nur große, überdimensionierte und luxuriöse Autos? Moment, nochmal zurück zur Intelligenz.
Was bedeutet Intelligenz im Zusammenhang mit einem Auto?

Betrachten wir die Sache mal objektiv und völlig unvoreingenommen und unemotional.
Das ist beim Thema ‚Auto‘ in Deutschland zwar extrem schwierig, aber nur mal in den Raum gestellt.

Das Auto als solches ist ein Transportmittel. Man nutzt es, um damit von A nach B zu fahren.
Das ist als solches kein Problem. Das Problem an sich entsteht einerseits dadurch, dass das Fahren mit einem Auto, das auf Verbrennung ausgelegt ist, Emissionen freisetzt. Was Emissionen sind uns weshalb sie nicht gut sind, bitte bei wikipedia nachlesen.
Ich setze diese Informationen nachfolgend voraus.

Zudem wird das Problem der Emissionen einerseits dadurch erheblich verschlimmert, wenn nicht nur ein Auto in der Welt fährt, sondern Millionen oder gar Milliarden Autos. Andererseits, wenn Millionen oder Milliarden Autos in der Welt fahren, wird das Problem zusätzlich verschlimmert, wenn diese Autos ineffizient betrieben werden, so dass sie mehr Emissionen freisetzen, als eigentlich notwendig wäre, um, sagen wir, eine Person von A nach B zu transportieren (Zweckmäßigkeit).
Dann gibt es natürlich noch Faktoren, wie unnötige Fahrten mit Fahrzeugen, die zudem nicht optimal genutzt werden (zu wenige Passagiere) usw. usf.

Die oben aufgeführten, objektiven Fakten hatte ich seinerzeit bereits gedanklich für mich voraus gesetzt.

Zurück zur Intelligenz. Was würde man (die zuvor genannten objektiven Grundgedanken und Fakten vorausgesetzt) vermuten, würde jemand, der eine hohe Intelligenz besitzt, bei der Wahl seines Fahrzeuges beachten?

  • Würde er ein Auto fahren, dass extrem ineffizient fährt, d.h. beispielsweise es muss eine viel zu große Masse beschleunigt werden, was einen erhöhten Emissionsausstoß bedeuten würde?
  • Würde er ein Fahrzeug fahren, dass auf Verbrennung eines Kraftstoffes ausgelegt ist und somit generell Emissionen freisetzt oder eher ein Fahrzeug, dass kaum oder keine Emissionen freisetzt (Elektroantrieb, Wasserstoff, Muskelbetrieb)?
  • Würde er ein Auto fahren, bei dessen Produktion bereits unverhältnismäßig viel Emissionen freigesetzt wurden, weil das Auto schlicht zu groß ist für seinen Nutzen (Person von A nach B transportieren)?

Ich denke, man kann bequem, alle o.g. Fragen mit ‚Nein‘ beantworten.
Und genau das ging mir seinerzeit, im zarten Alter von Anfang zwanzig, im Kopf herum.
Ich meine, das sind ja per se logische Grundannahmen, die man, unbedarft und jung, durchaus haben kann und die sicherlich nicht völlig fehl am Platze  sind.

Angesichts dessen war ich natürlich davon ausgegangen, dass die Geschäftsleitung dieses Unternehmens aus Personen besteht, die einerseits die intelligentesten Mitglieder dieses Unternehmens sind. Sonst hätten sie ja nicht diese Position.
Andererseits, wenn sie die intelligentesten Mitarbeiter sind, müsste das natürlich auch bei einem simplen Vorgang wie der Wahl des Autos deutlich werden oder erkennbar sein.

Demzufolge hatte ich natürlich, und wie selbstverständlich, erwartet, dass die Mitglieder der Geschäftsführung (nachfolgend MdG genannt) Autos fahren, die in irgendeiner Weise innovativ sind, was den Ausstoß von Emissionen angeht. Vielleicht Elektroautos, neuartige Antriebe jedweder Art, die in irgendeiner Weise zukunftsweisend, d.h. ressourcenschonend, sparsam und dem Zweck (Transport von A nach B) angemessen sind.

Doch das traf anscheinend nicht zu. Wie ist das zu erklären?
Es stellte mich seinerzeit tatsächlich vor eine kleine Sinnkrise. Diese Beobachtung schockierte und irritierte mich und ich brauchte eine gewisse Zeit, bis ich es durchdacht und verstanden hatte.

Ich war nach obigen objektiven Grundannahmen davon ausgegangen, dass ich in eine Welt oder menschliche Gesellschaft hinein geboren worden war, die dem Stand ihrer Entwicklung entsprach. Ich hatte anscheinend den Eindruck, dass die Menschheit, angesichts der wissenschaftlichen Errungenschaften und Erkenntnissen, recht weit fortgeschritten war.
Doch bei diesem o.g. Aspekt (Wahl des Autos) schien dies nicht zuzutreffen, eher im Gegenteil.
Diese Autos schienen protzig, viel zu groß, oberflächlich imponierend und überhaupt nicht dem Zweck angemessen.

Also, blieben mir nur die folgenden, wie ich fand, logischen Schlussfolgerungen:

  1. Die MdG sind nicht intelligent. Aber wieso haben sie dann diesen gehobenen Posten?
  2. Die MdG sind zwar intelligent, jedoch äußert sich das anscheinend nicht in ihrer Handlung. Aber wieso haben sie dann diesen gehobenen Posten?

Wie man anhand meiner gedanklichen Schlussfolgerungen erkennen kann, ergab sich bei der Beantwortung der Frage, wieso die MdG diese gehobenen Positionen inne haben, keine Antwort. Was bereits ziemlich verwirrend ist bzw. war.

Bleibt die Frage übrig, ob die MdG intelligent sind oder nicht?
Lassen wir den Punkt 1. außer Acht, denn ich möchte einerseits nicht provozieren, andererseits gehen wir mal davon aus, dass die MdG in irgendeiner Form intelligent gewesen sein könnten.
Und da sind wir bereits bei der Auslegung der Intelligenz. Sie ist anscheinend variabel, d.h. es kann durchaus jemand auf irgendeine Weise intelligent sein, sich jedoch überhaupt nicht so verhalten.
Das wiederum impliziert, dass Intelligenz sich auf einzelne ‚Handlungsfelder‘ beschränken kann.
Ein Beispiel wäre das Rauchen. Ein Mann wie Helmut Schmidt war sehr intelligent auf seine spezifische Weise und in bestimmten Zusammenhängen. Und dennoch hat er geraucht, wovon man behaupten kann, dass es eher von einer unintelligenten Handlung zeugt, wenn man voraussetzt, dass das Grundbestreben aller Menschen ein langes Leben ist.

Das heißt. Intelligenz akkumuliert sich nicht im vollen Umfang der Handlungen bzw. des Verhaltens einer Person.
Da muss man als junger Mensch erstmal drauf kommen.

Aber das eigentlich zugrunde liegende Prinzip bei diesem Beispiel mit den Autos ist ja das marktwirtschaftliche Prinzip, das zu einem bestimmten, augenscheinlich unintelligenten Handeln zwingt.
Diese Erkenntnis kam mir dann später. Es ist gut möglich, dass diese MdG privat und persönlich auch in einem globalen Zusammenhang (und nicht nur in Einzelaspekten ihres Daseins) intelligent waren, nur das geschäftliche Gebahren und die Sitten und Riten innerhalb des Geschäftsprinzipes haben sie zur Wahl der unökonomischsten und ineffizientesten Automobile gewissermaßen gezwungen. Weil ansonsten beispielsweise keine guten Geschäfte gemacht werden könnten.

Was für ein Bild wirft das auf die ‚Intelligenz der Geschäftswelt‘?

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