Diese kleine, schnuckelige Kirche am Rand des Kerns von Wallenhorst. Ich kenne sie schon lange, doch so richtig damit auseinander gesetzt hatte ich mich bisher nicht. Und als wir neulich hier spazieren gegangen sind, habe ich mir das in der Nähe angebrachte Schild durchgelesen. Es wird auch von der Geschichte dieser Kirche berichtet. Das kann man auch bei wikipedia nachlesen. Demnach siegte Karl der Große über Widukind. Danach ließ er einen heidnischen Tempel zerstören und darauf diese Kirche bauen.
Was für viele nichts besonderes zu sein scheint, hat mich doch tief erschüttert. Das erste, was ich dachte war, dass ich vor diesem Hintergrund doch lieber den heidnischen Tempel betrachten würde, als diese Kirche. Wieso?
Ich habe dann gleich die Bilder vor Augen. Indigene Völker, die hier lebten, hatten einen Glauben erschaffen, der aus sich heraus kam und nicht von einer expandierenden, fremden Religion her stammte. Doch wieso empfinde ich ‚aus sich heraus‘ als eher besonders als einen Glauben, der indoktriniert worden ist? Na ja, die Antwort steht bereits im letzten Satz. Auch wenn wir es heute einen heidnischen Glauben nennen und auch die Römer von ‚den Barbaren‘ sprachen (negativ besetzte Begriffe), ist es doch das Resultat der Auseinandersetzung der Ureinwohner mit ihrer Umwelt. Wie sie es sahen und empfunden haben. Es ist etwas besonderes, eben weil es nicht von außen aufgezwungen, es also kein fremder Glaube war.
Zudem hatten die sog. Heiden, also unsere Vorfahren, einen engen Bezug zur Umwelt. Sie glaubten daran, dass alles zusammenhängt. Dass es einen Zusammenhang zwischen uns und unserer Umwelt gibt. Letztlich ist es ja genau das, was sehr viel sinnvoller erscheint und auch wohl richtig ist. Ob es nun einen, zwei, drei oder sehr viele Götter gibt, ist doch eigentlich erstmal sekundär. Wenn es nach der Wissenschaft geht, gibt es sogar keinen Gott.
Doch darum geht es auch garnicht. Es geht mir um das Wertvolle. Es ist wertvoll, weil es aus dem Leben der Ureinwohner heraus entstanden und nicht sozusagen ‚künstlich‘ ist oder etwas, was auf einem anderen Erdteil entstanden ist.
So ‚groß‘ im Geiste kann also Karl der Große nicht gewesen sein. Wohl eher ein Büttel der durch ihn vertretenen Mächte. Oder wie weise ist es wohl, auf die Ureinwohner gewissermaßen zu scheißen, diese platt zu machen und, gewissermaßen als extreme Provokation auf deren Heiligtum ein Symbol für den neuen Glauben zu pflanzen?
Wundert es da, was z.B. im dritten Reich geschehen ist? Sozusagen, weil es schon immer so war. Die einen meinen Recht zu haben, machen die anderen platt, suchen sich dazu eine Rechtfertigung und das war’s dann.
Die vielen wundervollen Entwicklungen des menschlichen Geistes, der Kulturen und auch des Glaubens werden einfach unterjocht und platt gemacht. Platz für die neue Überzeugung. Fertig ist.
Mittlerweile haben jedoch die Kinder des Christentums, namentlich die Wissenschaftler, längst definiert, dass es keinen Gott braucht, um die Welt zu erklären. Man stelle sich vor, man würde jetzt hingehen, die Kirchen abreißen und dort beispielsweise Labore bauen. Eben, weil es passend zum neuen ‚Glauben‘ wäre und auch provokativ genug ist.
Man fragt sich, wieso das so nicht geschieht?
So, oder so ungefähr ist wohl das Vorgehen von Karl dem Großen zu verstehen.
Kann das als geistige Höchstleistung verstanden werden? Als weises Vorgehen und umsichtiges Verhalten im Leben?
Geht man so mit Kulturen um?
Dazu passt doch ziemlich genial die Aussage von Hans-Peter Dürr: Ein Baum, der fällt, macht mehr Lärm, als ein Wald, der wächst. Und die menschliche Geschichte ist die Geschichte der fallenden Bäume…
Karl der Große hat sicherlich viele Schlachten geschlagen und ist ‚irgendwie aufgefallen‘ in der Geschichte der Menschheit. Aber ob ihn das besonders auszeichnet? Wie oben erwähnt, finde ich eher, dass er ein Blödmann gewesen sein muss, der nicht allzu viel in der Birne hatte, außer vielleicht, wie man andere platt macht. Kann man zumindest in diesem Zusammenhang wohl nur schwerlich anders sehen.
Na ja, im Grunde verfährt der Mensch noch immer auf diese Weise. Kein Wunder, weshalb die Welt heute so ist wie sie ist.
Deshalb hätte ich hier lieber den heidnischen Tempel bewundert als dieses Symbol eines indoktrinierten Glaubens, das auch noch genau hier in zynischer und provokanter Weise platziert worden ist.
Gewalt, Einfältigkeit und Dummheit ist eben etwas, worin sich der Mensch besonders gut versteht.