Macht Euch die Erde Untertan. Oder: Von denen, die keine Lobby haben.

Ein nicht ungewöhnliches, aber denkwürdiges Ereignis.
Heute, als ich mit den Hunden draußen war.
Uns kam eine ältere Frau entgegen auf einem Weg, der nicht breiter als ca. 2,5m war.
Da ich gerade um die Ecke kam, hatte ich die Dame nicht eher sehen können. Und unsere Hunde hatte ich an diese Aufroll-Leinen angeleint.
Das sind diese Leinen, deren Schnur man per Knopfdruck einfahren kann. Deshalb waren die Hunde recht weit von mir weg.
Eine unserer Hündinnen ging etwas auf die Dame zu, um zu schnüffeln.
Doch die Dame wich aus, ängstlich, fast panisch. Mit dieser bestürzten, ablehnenden und Missmut ausdrückenden Mimik und Gestik.
Als ob die Hunde etwas Böses, Gift oder der Teufel persönlich wären.
Dabei ist ‚Teufel‘ die passende Überleitung. Denn dieses Ereignis fand im Hof unserer Gemeinde-Kirche statt, genauer zwischen Grünfläche und Friedhof.
Seltsam, dachte ich, irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass gerade die, die religiös und/oder gläubig sind, eine Abneigung gegenüber allem, was nicht Mensch ist haben. Oder sie interessieren sich hauptsächlich nur für die Belange der eigenen Spezies.

Kann natürlich auch sein, dass es nur täuscht.
Aber nichtsdestotrotz befängt mich stets das Gefühl, gerade wenn ich mit den Hunden hier entlang gehe, dass man hier unter Beobachtung steht. Jede noch so kleine Auffälligkeit, z.B. dass ein Hund auf die Grünfläche pinkeln könnte, versuche ich zu vermeiden.

Woher kommt das, gerade an diesem Ort?

Oder ist es eher meiner Verwunderung geschuldet, dass ich der Meinung bin, dass doch gerade die, die glauben, ein höheres Verständnis von der Existenz als solche besitzen sollten, da sie sich doch mit diesen Dingen intensiver auseinandersetzen sollten, als z.B. jemand, der an nichts glaubt oder sich nie mit einem Glauben auseinander gesetzt hat oder nur in den Tag hinein lebt?
Glaube ich nicht deshalb diesen bestimmten Glauben, oder gibt es auch andere Beweggründe?
Und wenn ich mich im Zuge meiner Auseinandersetzung mit den Dingen dieser Welt im Zuge meines Glaubens auseinandersetze, sollte ich nicht zum Verständnis kommen, dass es mehr gibt, als die Belange der menschlichen Spezies?

Denn Gott hat die Welt geschaffen. So steht es doch in fast allen Schriften.
Wie kann man, wenn man gläubig ist, der Auffassung sein, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist?
Wenn Gott demnach auch Tiere geschaffen hat? Wieso haben wir dann das Recht, Tiere abzulehnen, anders oder schlechter zu behandeln als uns selbst?
Diese Spezies zu unterjochen, zu quälen, zu mißbrauchen und auszurotten bzw. völlig unseren Interessen, die mehr als fragwürdig und primitiv sind, unterzuordnen?

Ein beliebtes Zitat aus der Bibel ist ja: Macht Euch die Erde Untertan.

Und das wurde Jahrtausende von den Kirchen derart verkündet und in die Hirne der Menschen gebrannt.

Nun, da die Umwelt bis in letzter Konsequenz von uns instrumentalisiert, misshandelt, unterjocht, dezimiert und katalogisiert ist, und das mit größter Bestimmtheit, Aggression und Brutalität, steht die Kirche vor einem Scheiterhaufen.

Denn wenn die Umwelt vergiftet und zerstört ist, werden unseren Kindern die Lebensgrundlagen fehlen.
Denn auch wenn es Milliarden Handys gibt: Essen und trinken müssen wir weiterhin.
Ganz nebenbei wollen wir auch noch gesund sein. Mit vergifteten und künstlichen Lebensmitteln wird das wohl kaum gelingen.
Das dürfte doch wohl jedem einleuchten, oder etwa nicht?

Also, wenn ich das zusammen fasse.
Wenn ich doch glaube, zumindest an die Schöpfung und an Gott.
Muss ich dann nicht alle Geschöpfe in meinen Glauben mit einbeziehen?
Denn Gott hat sie erschaffen und daher wird ihm an diesen Geschöpfen, die nun nicht gerade Mensch sind, auch etwas liegen.
Hätte er sie sonst geschaffen?
Wenn man denn schon in diese Richtung glaubt, wie würde es Gott wohl finden, wenn wir seine Geschöpfe so behandeln, wie wir es tun?
Und wenn wir uns an seinen Geschöpfen quasi vergehen, wäre das dann nicht ein Sündenfall schlechthin?

Wenn wir seine Geschöpfe als etwas minderwertiges behandeln, mit dem wir mit größter Selbstverständlichkeit, Aggression und Brutalität umgehen können, wie es uns gefällt?
Vorausgesetzt, Gott denkt, empfindet oder urteilt in etwa wie ein Mensch (könnte man denken, wenn man die Schriften so liest), gehe ich mal davon aus, dass es er es wohl kaum so toll finden würde, wenn wir so mit unseren Mitgeschöpfen verfahren, wie wir es tun!

Also, wenn man denn nun gläubig ist, und da habe ich lediglich den Glauben an einen Gott, der diese Welt geschaffen hat, und an die Schöpfung als solches vorausgesetzt: Muss man dann dessen Schöpfung nicht ehren, respektieren, hegen, pflegen oder gar lieben?

Muss ich als gläubiger Mensch dann nicht diese einfachen Grundprinzipien auch verstanden haben und leben?

Und wenn nicht. Wieso glaube ich dann bzw. gehe einmal die Woche zur Kirche, wenn ich nicht einmal diese einfachen, aber logischen und nachvollziehbaren Grundverständnisse nicht verstanden habe und vorallem nicht auch lebe?
Oder ist das alles bereits zu hoch oder zu weit hergeholt?
Basteln wir uns unseren Glauben oder Gott so, wie wir es gerade brauchen oder wie es für uns gerade günstig erscheint?

Gehe ich sonst nur zur Messe, um mir ein paar schlaue Verse aus der Bibel von jemandem vorlesen zu lassen, von dem ich meine, dass zumindest er das alles verstanden hat?
Hat der Glaube dann nicht nur eine Alibi-Funktion, vielleicht sogar nur, um mein Gewissen zu beruhigen?

Kann man dieses Selbstverständnis nicht von jedem, der an diese einfachen Grundannahmen glaubt, eigentlich prinzipiell voraussetzen?

Aber wer weiß, vielleicht war die Dame heute früh auch nur schlecht drauf oder hatte schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht.
Doch mein tendenziell im Hintergrund schwelendes Gefühl, dass die meisten Gläubigen diese einfachen Grundannahmen des Glaubens garnicht leben oder verstanden haben, bleiben ungut im Hintergrund.
Zumindest meine ich jedes Mal ein seltsames Gefühl in diese Richtung zu verspüren, wenn ich hier mit den Hunden(=Geschöpfe Gottes) entlang spaziere.

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